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Hagen Biesantz
Worte gesprochen bei der Bestätigung Jörgen Smits als Vorstandsmitglied der A.A.G. 1975

... Mir obliegt es nun, einige Worte über Herrn Jörgen Smit zu sagen. Er ist im Jahre 1916, also während des Ersten Weltkrieges, in Bergen in Norwegen geboren worden. In einer Zeit also, die Rudolf Steiner so bezeichnet hat, wo Skandinavien noch verschont wurde von den gegenwärtigen stürmischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts. Es war eine Zeit, in der z.B. Edvard Munchs berühmtes Bild "Der Schrei" schon entstanden war, und in der in Norwegen Menschen lebten, die – obwohl Skandinavien noch verschont war – doch den inneren Gang des Jahrhunderts als Künstler und spirituelle Menschen deutlich miterlebten. Zu ihnen gehörte auch eine Schar von Menschen, damals Theosophen und dann Anthroposophen, die das in aller Stärke so erlebten, dass sie Rudolf Steiners Schüler wurden. Zu ihnen gehörten beide Eltern von Jörgen Smit. Beide waren persönliche Schüler Rudolf Steiners, bevor Jörgen Smit geboren wurde. Sein Vater war der Zweigleiter in Bergen. Er war derjenige, der Rudolf Steiner damals zu den Vorträgen in Bergen eingeladen hat. So war der junge Jörgen Smit in seiner Jugend ganz umgeben von der Anthroposophie, von Menschen, die für die Anthroposophie eintraten und in ihr lebten. Es war für ihn nie ein Problem, der Anthroposophie zu begegnen. Was aber doch geschehen musste in seinem Leben war, dass er die Frage beantwortete, ob er die Anthroposophie auch aufgreifen will. Und das tat er schon als ganz junger Mensch, wo er als Zwanzigjähriger seinen ersten Zweigvortrag halten durfte. Dann ging es stürmisch weiter. Schon als Einundzwanzigjähriger kam er hierher, studierte in Basel Lateinisch und Griechisch, wurde damals von Conrad Englert als Einundzwanzigjähriger mitgenommen in eine Vorstandsbesprechung, die hier am Goetheanum stattfand, wo also Albert Steffen, Marie Steiner und Guenther Wachsmuth mit einigen Funktionären eine Besprechung hatten und er als Vertreter seines Landes damals eben im Gespräch diesen Vorstandsmitgliedern begegnen konnte. 1939 machte er dann als Dreiundzwanzigjähriger sein Staatsexamen in Oslo und wurde alsbald nicht ein Oberstufenlehrer, wofür er ja das Examen gemacht hatte, sondern ein Klassenlehrer, also für die ersten acht Klassen der Waldorfschule in Bergen. Das blieb er durch 25 Jahre hindurch. Und während dieser Zeit hat er sich neben seiner Lehrertätigkeit intensivst für die anthroposophische Arbeit in Norwegen und in ganz Skandinavien eingesetzt. Als Fünfundzwanzigjähriger, mitten im Krieg, als sein Land besetzt war von fremden Truppen, wurde er Zweigleiter in Bergen 1941. Kurz nach dem Krieg, als er 35 geworden war, holte man ihn in den Vorstand der norwegischen Landesgesellschaft, wo er einer der drei Vorstandsmitglieder war, und mit 41 Jahren, 1957, wurde er zum Vorsitzenden der norwegischen Landesgesellschaft berufen. Er trug ganz wesentlich dazu bei, dass die Zusammenarbeit der Anthroposophen in den nordischen Ländern Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland intensiviert wurde. Er entfaltete eine grosse Vortragstätigkeit dort und dann auch hier bei uns am Goetheanum. Ihm ist es zu verdanken, dass in jenen Zeiten, als noch die Gesellschaftsschwierigkeiten der Kriegszeit nachwirkten, gerade auch im Verhältnis verschiedener Landesgesellschaften zum Vorstand am Goetheanum, er alle Anstrengungen unternahm, um das Gespräch hier mit dem Vorstand am Goetheanum, insbesondere mit Albert Steffen, zu intensivieren, um allmählich dahinzugelangen, dass die Verhältnisse sich wieder ordnen konnten. Als er dann fünfundvierzig Jahre ist, 1961, begründet er mit Arne Klingborg das Jugendseminar in Järna und löst sich während dieser Zeit allmählich aus seinen Verpflichtungen als Klassenlehrer heraus, um nun mit seiner Arbeit, wenn wir das so nennen wollen, in die Erwachsenenbildung einzusteigen. Das führt er mit Arne Klingborg zusammen durch vierzehn Jahre durch. Järna ist in einer wunderbaren Weise aufgeblüht und war auch die Keimzelle jener Jugendtagungen, deren letzte grosse dann hier am Goetheanum 1972 stattgefunden hat. Dieser Einrichtung fügte Jörgen Smit dann nach sieben Jahren als seine eigene Leistung hinzu die Gründung eines Pädagogischen Seminars. In diesem Pädagogischen Seminar, das er sieben Jahre geleitet hat, werden die Waldorflehrer für ganz Skandinavien ausgebildet. Es strahlt von dieser Institution eine grosse Kraft aus, insbesondere in Schweden, aber auch in die anderen skandinavischen Länder hinein, auch in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit erregend für die Pädagogik Rudolf Steiners.
Nun darf ich vielleicht noch ein persönliches Wort hinzufügen, um zu charakterisieren, was uns mit dem Menschen Jörgen Smit ganz besonders verbindet, einen ganz bestimmten Zug seines Wesens, den wir im Vorstand immer erleben konnten, wenn wir mit ihm zusammenarbeiteten. Das betrifft sein Verhältnis zu jungen Menschen. Er ist jemand, der in besonderer Weise Verständnis aufbringen kann für das, was die jungen Menschen wollen. Er kann sich ihre Impulse zu eigen machen und für diese Impulse mit seiner Erfahrung eintreten, aber zugleich auch den jungen Menschen gegenüber streng sein, da nämlich, wo es sich um die Sache handelt, die man kennen und beachten muss. Da habe ich etwas sehr Schönes miterlebt, als wir vor einigen Jahren vorbereiteten die grosse internationale Jugendtagung, die hier am Goetheanum stattgefunden hat. Es war Anfang 1972 in der Nähe von Amsterdam eine Zusammenkunft, wo die jungen Leute aus den verschiedensten Ländern, bis nach Amerika, zusammengekommen waren, die Delegierten dieser Jugendgruppen, und zusammen das Programm für diese Tagung erarbeiten wollten. Da wurden nun, wie Sie sich vorstellen können, sehr viele Ideen vorgebracht; sehr viel wurde hin und her gesprochen. Es war gar nicht leicht, zu einem Ergebnis zu kommen. Dr. Berger und ich waren damals auch dabei und wir bemerkten, dass Jörgen Smit durch 1½ Tage hindurch kein Wort sagte. Er sass schweigend und sehr aufmerksam zuhörend da. Dann wurde auf einmal besprochen von den jungen Leuten, was die Redner, die man eingeladen hatte und die morgens die einleitenden Vorträge zu halten hatten, eigentlich tun sollten. Da sagten die jungen Leute oder einige von ihnen: Wir wollen die Reihenfolge der Redner gar nicht festlegen, sondern erst am Abend vorher oder vielleicht auch am gleichen Morgen bestimmen, wer reden soll. Sie sollen sich auch gar nicht auf ein bestimmtes Thema vorbereiten, sondern aus dem Moment heraus etwas sagen, damit es ganz lebendig wird. Dann war auf einmal die Frage, wer von den eingeladenen Rednern denn schon zugesagt habe für das betreffende Thema. Dabei stellte sich heraus, dass Jörgen Smit der einzige war, der schon fest zugesagt hatte. In diesem Moment machte er den Mund auf und sagte: Ja, ich habe Ihnen wohl zugesagt, aber, ob ich Ihnen den Vortrag halten werde, das kann ich jetzt noch nicht sagen. Denn wenn Sie denjenigen, die die Arbeit machen sollen, vorschreiben wollen, wie sie das tun sollen, und die Betreffenden gar nicht frei lassen, dann weiss ich nicht, ob ich mich daran beteiligen kann. In diesem Augenblick kam ein Element in die Besprechungen herein, das eben auch in einer Jugendarbeit mit da sein muss: Das Gespräch der Gewissenhaftigkeit gegenüber der Sache und der Durchführung der Sache und der Freiheit auch derer, die etwas Verantwortliches tun sollen. Dieses Element hat damals Dr. Berger und mich ganz besonders beeindruckt. Wir können eigentlich das so zum Ausdruck bringen, dass wir sagen: wenn wir Jörgen Smit jetzt haben hier als denjenigen, der auch bereit ist, die Arbeit im Vorstand mit aufzunehmen, dann können wir ganz sicher sein, dass wir einen Menschen für die Zusammenarbeit gewinnen, der Initiative hat, der eisern zuverlässig ist in dieser Initiative und der sein ganzes Leben und Tun der anthroposophischen Sache widmen will. Deswegen möchte der Vorstand Ihnen vorschlagen und Sie bitten, dass Sie dieser Kooptation zustimmen.


Dr. Hagen Biesantz anlässlich der Bestätigung Jörgen Smits als Vorstandsmitglied auf der Generalversammlung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1975 im Goetheanum.

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