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Jörgen Smit
Autobiografischer Umriss bis 1948

„Ich konnte nicht ohne Anthroposophie leben"(1)

Ich bin 1916 geboren, von Eltern, die schon vor meiner Geburt Anthroposophen waren. Die gute Atmosphäre des Elternhauses gab mir die selbstverständliche Überzeugung dass es etwas Gutes und Rechtes sein müsste, was in meinen Eltern lebte. In dieser Art fühlte ich mich schon in der Knabenzeit als kleiner Anthroposoph, ohne die Anthroposophie zu kennen.
Dann kam in meinen 14. Jahre ein erschütterndes Erlebnis. Mein Vater(2), der mir immer in allen Urteilsfragen unbedingte Autorität gewesen war, dessen klares, sachliches Denken mir immer wie ein unerschütterlicher Felsen gewesen war, wurde trotzdem von einer mit medialen, atavistisch hellseherischen Fähigkeiten begabten Dame durch viele Monate hindurch völlig getäuscht. Es entstand in mir die Lebensfrage: "Wie ist so etwas möglich?" Es bildete sich in mir ein grosser Verdacht und fast übertriebener Abscheu gegen alles visionäre Hellsehen und dergleichen. Das Leben auf naturwissenschaftlicher, phänomenologischer Grundlage zu bauen wurde mir unbedingte Notwendigkeit. Ganz klar konnte ich das damals in meinem 14. bis 18. Lebensjahr nicht erfassen. Doch schwebte es vor mir als ganz grosses Ideal. Und dieses Ideal konnte nur dadurch gespeist werden dass ich in dieser Zeit – neben der Schularbeit – Goethes naturwissenschaftliche Schriften, die Grundbücher und Zyklen Rudolf Steiners mit allen Kräften studierte.
Naturwissenschaft ohne die Zielrichtung ins Übersinnliche hinein ist mir niemals Bedürfnis gewesen. Die gewaltigen Kräften der elementarischen Welt kannte ich aus nächtlichen Erlebnis schon mit 17 Jahren. – Doch wusste ich auch, dass das Übersinnliche nur insofern auf sicherer Grundlage im menschlichen Bewusstsein lebt, wo es aus der phänomenologischen Anschauung herausgearbeitet wird. – Nachdem ich aus diesem Grunde einige Jahre meiner Jugend hauptsächlich mit der Naturwissenschaft und der Erkenntnistheorie (Kant, Hegel, Stirner, Nietzsche) kämpfen musste, wandte ich mich vom 19. Jahre an auch besonders der Geschichte und der klassischen Sprachen zu, weil ich das Neue Testament und die Dokumente, auf die das Buch „Christentum als mystische Tatsache" hinweist aus den Urtexten kennen lernen wollte. 23 Jahre alt machte ich dann das Universitätsexamen der klassischen Philologie mit einer wissenschaftlichen Hauptarbeit über die Dramaturgie des Aischylos.
In allen diesen Jahren trug mein Leben das Gepräge aus der Lebenstatsache mit Conrad Englert(3) zusammen sein zu dürfen. Mit ihm las ich durch längere Zeit regelmässig Homer im griechischen Urtext. – Er veranlasste auch dass ich ein Jahr bei seinem alten Lehrer der klassischen Philologie an der Universität in Basel studierte. Er – Conrad Englert – vermittelte mir in dieser und der folgende Zeit tragende anthroposophische Lebenskräfte.
Als ich 20 Jahre alt Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft wurde, war mir das kein Problem. Ich war schon von vorn herein aus meinen Lebensnotwendigkeiten heraus in die Sache hineingewachsen. Ich konnte nicht ohne Anthroposophie leben.
Seit meinem 21. Jahre war ich unter den Tätigseinwollenden im Vorstande der Oslogruppe.
Nach dem Universitätsexamen übersiedelte ich 24 Jahre alt von Oslo nach Bergen wo ich als Lehrer der Rudolf Steiner-Schule bis heute gearbeitet habe. Als Zweigleiter der Bergengruppe habe ich den letzten 7 Jahren auch die hauptsächliche Verantwortung für die Vortragsveranstaltungen gehabt. In den Jahren nach dem Kriege erweiterte sich der Kreis meiner Vortragstätigkeit von Bergen aus auch zu den anderen wichtigsten Städten Norwegens, zu Stockholm und Kopenhagen.
Als Delegierter der norwegischen Landesgesellschaft habe ich dann die Gesellschaftsschwierigkeiten der letzten Jahre auch in Dornach miterlebt.
Die esoterische Vertiefung unserer Arbeit ist mehr denn je unbedingte Notwendigkeit.(4)


(1) Auszug aus einem Brief an Marie Steiner von Sivers zur Beantragung der Hochschulmitgliedschaft der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft, vom 29. August 1948. – Jörgen Smit stand im 33. Lebensjahr. Der Brief beinhaltete folgende einleitende Sätze: „Sehr verehrte, liebe Frau Marie Steiner! Vielen Dank für den Gruss den Sie auch mir durch Herrn Dan Lindholm(5) nach Norwegen gesandt haben. Ich schreibe jetzt, um Sie zu bitten, eine Mitgliedskarte für mich zu zur Aufnahme in die 1. Klasse der Hochschule wenn möglich zu unterzeichnen. Das Folgende bildet einen kurzen Umriss meines Lebens."

(2) Christian Smit (1886-1960). Biografischer Eintrag in Kulturimpuls Anthroposophie

(3) Conradt Englert (1899-1945). Biografischer Eintrag in Kulturimpuls Anthroposophie. Angeheirateter Onkel von Jörgen Smit

(4) Der Brief endet mit einigen abschliessenden Sätze bezüglich der beantragten Hochschulmitgliedschaft.

(5) Dan Lindholm (1908-1998). Biografischer Eintrag in Kulturimpuls Anthroposophie. Freund und Kollege von Jörgen Smit im Vorstand der norwegischen Anthroposophischen Gesellschaft


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